Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine bisherige Rechtsprechung zur Absetzbarkeit von Kosten eines Zivilprozesses geändert. Mit seiner Entscheidung vom 12. Mai 2010 entschied der BFH, dass Kosten eines Zivilprozesses unabhängig von dessen Gegenstand bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können.
In diesem Fall ist die Klägerin anfang 2004 arbeitsunfähig erkrankt. Nach 6 Wochen stellte der Arbeitgeber die Gehaltszahlungen ein und sie erhielt Krankentagegeld. Etwa ein halbes Jahr später wurde bei der Klägerin Berufsunfähigkeit diagnostiziert. Aufgrund dessen stellte die Krankenkasse die Zahlung des Krankentagegeldes ein, da nach Eintritt der Berufsunfähigkeit keine Verpflichtung mehr besteht, Krankentagegeld zu bezahlen. Die Klägerin erhob daraufhin Klage auf Fortzahlung des Krankentagegeldes, dies allerdings erfolglos. Die Kosten des verlorenen Zivilprozesses i.H.v. etwa 10.000,00 EUR machte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt berücksichtigte diese Kosten jedoch nicht und wurde zunächst auch durch das Finanzgericht bestätigt. Die Klägerin lebe schließlich in intakter Ehe und könne auf ein Familieneinkommen von ca. 65.000,00 EUR zurückgreifen.
Gem. § 33 Abs. 1 EStG bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Außergewöhnliche Belastungen sind dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehende größere Aufwendungen, die über die der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens – und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehenden Kosten hinausgehen. Bisher waren die Kosten eines Zivilprozesses nur ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn der Rechtsstreit für den Steuerpflichtigen eine existenzielle Bedeutung hatte.
Diese Rechtsprechung hat der BFH nun in seiner Entscheidung vom 12.Mai 2011 geändert. Kosten eines Zivilprozesses können, unabhängig vom Prozessgegenstand, als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Unausweichlich seien derartige Belastungen dann, wenn die Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Davon ist auszugehen, wenn der Erfolg im Prozess ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg.
Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Finanzgericht zurückverwiesen. Nun habe das FG zu prüfen, ob die Führung des Prozesses gegen die Krankenversicherung hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
Das vollständige Urteil ist wesentlich umfangreicher und juristisch komplexer formuliert. Die Orginalentscheidung können Sie beim jeweiligen Gericht anfordern. Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.05.2011 – VI R 42/10 –